Freitag, 16. September 2022
Reisebericht 3-Tagesturnfahrt der Männer- / Faustballriege 2022
Freitag
Es war noch finstere Nacht, als wir uns vor dem Bus mit der Aufschrift “Kopf“ am Bahnhof Töss besammelten. Die 23 Turnerköpfe konnten es sich im “52-Plätzer Kopf“ bequem machen und auf dem Weg zum nächsten Ziel in der Morgendämmerung nachholen, was ihnen der Wecker um 5.00 Uhr entzog.
Unser Reiseleiter und Organisator Hansruedi Gomer klärte uns über die unsichere Wetterlage auf und machte auf allfällige Änderungen im Reiseprogramm aufmerksam.
Unverändert im Programm war der Kaffeehalt “Im Sand“ bei Bern, ein in Militärkreisen bekannter Ort mit der, in typisch behäbiger Bernerbauart gehaltenen Wirtschaft „Zum Bären“. Bei Kaffee und Gipfeli am Runden Tisch wurde aufgeklärt wie man Cremeschnitten richtig schneidet. Ich glaube es war ein Bäcker am Tisch. In dieser Umgebung wundert’s keinen, wenn militärische Grosstaten veröffentlicht werden, wie wenn sie erst gestern geschehen wären. Es wurde laut, zu laut für mich. So vertiefte ich mich in die dort aufliegende Lektüre mit dem Titel: “Dokumentation 61.006 dfi des LVb Log das Repetitorium VT“. So aufdatiert ging’s weiter auf der A1 an Bern und Fribourg vorbei nach Vevey, direkt in „Chaplin’s World“. Wir alle kennen die Filme mit Charlie, seien es die Slapsticks aus den 1910er und 20er Jahren oder seine späteren Werke wie „The Kid“ oder z.B. „Der grosse Diktator“. Ich denke näher kann man Charlie Chaplin, seinen Werken und Wirken, in seiner mit Familie bewohnten Villa in der phantastischen Anlage über dem Lac Leman nicht kommen.
Es war schon weit über die Mittagszeit hinaus, als wir diesen herrlichen Ort verliessen. Auf dem Weg zum Car waren plötzlich Worte wie Durststrecke oder Hungerstrecke zu hören, die noch zurückzulegen seien. Begriffe die mir in diesem Kreise total fremd sind.
Die Erlösung kam in Aigle im “Cave Alain Emry“. Bei schönstem Wetter im Garten, mit Blick in die Walliser Berge, wurden uns die Erzeugnisse dieses traditionsreichen Weinguts vom sympathischen Alain Emry und seinem Helfer zur Degustation erklärt und gereicht. Nebst Käse aus der Region ist mir besonders die aufgeschnittene Saucisson aufgefallen, übrigens erhältlich in der Metzgerei Nicollier in Ollon VD. In der Waadt wird dieses Fleischprodukt nach mindestens 40 verschiedenen Rezepten hergestellt. Es blieb noch Zeit das imposante Chȃteau d’Aigle in einer, von Rebbergen dominierten Landschaft von aussen zu bestaunen, bevor wir zur grossen Alpenüberquerung starteten.
Es braucht wohl viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung den “Kopf“ über die engen Passstrassen mit ihren Haarnadelkurven zu steuern. So geschehen über den Col du Pillon, den unser Chauffeur Stefan souverän meisterte. Ein Halt im Rest. Bären in G.b.G. (Gsteig bei Gstaad) beendete die Durststrecke endgültig. Das Hotel Kernen in Schönried empfing uns am frühen Abend. Paarweise oder einzeln verkroch man sich in die heimeligen Zimmer, bis um 19.30 zum Nachtessen gerufen wurde. Zwei Menüs gab’s zur Auswahl. Die Entscheidungen fielen schnell. Mehr Zeit beanspruchte die Auswahl des Weines aus der mehrseitigen Weinkarte.
Samstag
In Abänderung des Programms ging’s am Samstag nach Gruyère. Bekannt durch seinen würzigen Käse, aber auch das historische Städtchen mit seinem imposanten und geschichtsträchtigen Schloss. Vorbei an unzähligen Beizen aus denen es, welch ein Zufall, nach Käse roch, zog es die einen ins Schloss oder ins HR Gyger Museum. Im Restaurant „Des Halles“ stand für uns Verpflegung in Form einer Käseschnitte mit Salat bereit. Alphornbläser die den gerade stattfindenden Sportanlass begleiteten, rundeten das Bild ab.
Nach der Rückkehr in unser Hotel war noch genug Zeit für einen Fussmarsch nach Gstaad. In einer Gartenbeiz machten wir Rast und beobachteten das Treiben auf der Strasse und rätselten über das Aussehen der Braut, die sich am nebenan liegenden Hochzeitsapéro zeigen müsste. Das alles war begleitet von einem Strassenmusiker, der uns aufatmen liess als er Schluss machte.
Show Time beim Nachtessen. Das Servicepersonal aus Tschechien verwandelte sich in ein Gesangstrio und gratulierte unserem langjähriges Mitglied Jürgen König zum Geburtstag. „Sie hätten den ganzen Nachmittag geübt“, was der Jubilar zur Bemerkung verleitete: „Deshalb sei wohl sein Fisch nicht durchgebraten gewesen!“. Fisch und Wild war auf dem Menü. Diskussionen gab es wiederum um den Wein, weil tatsächlich bei uns am Tisch “Zapfen“ festgestellt wurde. Wein könne auch “müffelen“ wurde in den Raum gestellt, wobei ich diesen Geruch eher bei einer Sporttasche feststellen würde, die erst nach mehreren Tagen nach der Turnstunde geöffnet wird.
An diesem Abend wurde auch das nächste Turnfahrt Reiseziel festgelegt. Pilsen in Tschechien wird es sein. Die Stadtführung wird die äusserst sympathische und aufgestellte Petra übernehmen, die uns das Essen serviert hat. Ich war nicht dabei, meinte aber am nächsten Morgen ein Video gesehen zu haben, in dem morgens um zwei jüngere Mitglieder unserer Gruppe, mit Petra zusammen den Boden geschrubbt haben.
Sonntag
07.30 Uhr Frühstück am reichlich bestückten Büffet. Abfahrt 09.00 Uhr GMT (Gomer Mean Time). Tatsächliche Abfahrt 08.57. Wo bleibt da die Pünktlichkeit? Eine Schrecksekunde bei der Reiseleitung. Ein Mann fehlt! Nochmals zählen! Ja, der Jubilar ist tatsächlich nicht an Bord. Der “Kopf“ wird in Saanenmöser gewendet um unseren strahlenden Jürgen aufzuladen. Unser nächstes Ziel Thun.
Durch das langgezogene Simmental hinunter nach Spiez und dann dem lächelnden See entlang tauchen wir in die Vororte der Garnisonsstadt, vorbei an Einkaufszentren und Sportstadien – plötzliches Wenden - und dann finden wir uns auf der Autobahn nach Spiez. Da waren wir doch schon? An den Lautsprechern ist es ruhig. Da hat sich offensichtlich Stefan verfahren. Aber wer kümmert das schon? Wichtig ist, dass wir unsere Stadtführerin Elsbeth Aebersold beim Eisstadion treffen. Sie verstand es, uns diese heimelige Zähringerstadt, deren Sehenswürdigkeiten und Geschichte, gespickt mit humorvollen Anekdoten näherzubringen. Mit dem Lift erreichten wir das Schloss Thun, von wo sich bei strahlendem Wetter eine phantastische Sicht auf See und Berner Alpen ausbreitete.
Reisen macht bekanntlich hungrig. Das Zunfthaus „Zur Metzgern“, inmitten der Altstadt, konnte dieses Bedürfnis mit Saltimbocca und Risotto stillen, bevor uns der “Kopf“ durch Emmental und Entlebuch, durch grüne Wiesen, über Hügel und Dörfer ins Luzernische brachte. Ziel: Wirtschaft „Zur Schlacht“. Hier hat nämlich im Sempacherkrieg die entscheidende Schlacht zwischen den Eidgenossen und dem Herzogtum Österreich stattgefunden. Das war 1386 und der Hauptakteur war der Winkelried von Stans - so sagt man. Die Aussicht auf die frisch verschneiten Urner Alpen war phantastisch, der Blick auf die Malereien in der Schlachtkapelle eher gruselig, dafür das Bier frisch und kühl.
Die Heimreise verlief reibungslos und eher ruhig, denn die vielen Eindrücke die am Fenster vorbeihuschten mussten verarbeitet werden. Sicher chauffierte uns Stefan durch die bekannten Stauzonen und am Bahnhof Töss angekommen entleerte sich der “Kopf“.
Es war eine schöne, abwechslungsreiche und kurzweilige Reise. Ohne Stress für die Teilnehmer, dafür war die Reiseleitung gefordert, da Regen und Schnee angesagt war. Wir hatten Glück und konnten uns mehrheitlich des Sonnenscheins erfreuen. Beim Ex-Kitzbühl Gewinner Bruno Kernen waren wir gut aufgehoben und Blasen an den Füssen wegen langer Fussmärsche hatte keiner zu beklagen. “Dafür am Hintern vom langen Sitzen im Bus!“. War wohl ein Scherz eines Teilnehmers.
Kein Scherz ist mein grosser Dank an Hansruedi (Fotos) für die Organisation und Begleitung der Reise und dabei witterungsbedingte Programmänderungen zu meistern hatte. Auch unserem Chauffeur Stefan sei gedankt, der uns mit seiner umsichtigen Fahrweise sicher nach Hause zurückbrachte.
Turi Schweizer, Winterthur 26. September 2022